EuroVelo-Routen jetzt zum Download

Die Radrouten des EuroVelo-Netzes stehen jetzt als gpx-Daten zum Download bereit. Zum Nachfahren sind sie allerdings nur eingeschränkt zu gebrauchen.
Wo ist der „richtige“ Rheinradweg? Zwei offizielle, aktuelle Datenquellen widersprechen sich häufig und führen über unterschiedliche Strecken. Unsere Bilder zeigen die EuroVelo-Daten (rot) und die Radnetz-Deutschland-Daten (blau), hier beispielhaft bei Germersheim (links), Mechtersheim (Mitte) und Bodenheim (rechts)

 

Das EuroVelo-Netz, bestehend aus 19 verschiedenen Radrouten mit insgesamt etwa 90.000 km Länge, steht nun zum Download als gpx-Daten bereit. Für immerhin 17 dieser Strecken können die Daten kostenlos heruntergeladen werden – eine sehr erfreuliche Pressemitteilung, die der europäische Radlerverband ECF am 31. August 2022 herausbrachte. Nach unserer Prüfung haben sich dann aber doch einige Mängel herausgestellt.

Das EuroVelo-Netz – Radrouten quer durch Europa (Quelle: www.eurovelo.com)

 

EuroVelo- Routen verlaufen auf dem „D-Netz“

In Deutschland verlaufen die EuroVelo-Radrouten weitestgehend über das „Radnetz Deutschland“. Denn auch Deutschland hat ein Radrouten-Netz, bestehend aus 12 Radfernwegen, die sich von Nord nach Süd und von Ost nach West über ganz Deutschland erstrecken und sämtliche wichtigen Flüsse- und Küstenstrecken beinhalten. So sind also die Radrouten an Rhein, Elbe, Weser, Main und Mosel, aber auch an der Nordsee- und Ostseeküste Bestandteil sowohl des deutschen als auch europäischen Radroutennetzes. In Deutschland sind die EuroVelo-Routen meist nicht gesondert ausgeschildert, weil sie der Konzeption nach auf fast allen Strecken deckungsgleich mit den sogenannten „D-Netz“-Routen verlaufen.

Zehn EuroVelo-Routen laufen durch Deutschland und sind dort bis auf den Iron Curtail-Trail (EuroVelo 13) und wenige Ausnahmen deckungsgleich mit dem „Radnetz Deutschland“. Die Karte rechts zeigt das gesamte „Radnetz Deutschland“ mit seinen 12 „D-Netz-Routen“ (Quelle: Radroutenplaner Deutschland)

 

Radnetz Deutschland-Routen ebenfalls als gpx-Daten downloadbar

Seit Juli 2022 ist das Radnetz Deutschland mit seinen insgesamt 12 „D-Routen“ und dem „Radweg Deutsche Einheit“ nun auch als einzelne gpx-Dateien downloadbar . Im Vergleich mit den EuroVelo-Daten stellen sich allerdings erhebliche Unterschiede heraus. So würden in der Praxis zwei Radler, von denen der eine mit EuroVelo-Daten fährt, der andere mit Radnetz-Deutschland-Daten, an zahlreichen Stellen unterschiedliche Streckenführungen angezeigt bekommen, wenn sie versuchen, gemeinsam die Rheinroute – beim Radnetz Deutschland ist es die „D 8“ – zu befahren. Zudem würden sie in unterschiedlichen Fahrtrichtungen geführt.

 

Die EuroVelo-Route Nr. 15 ist der „Rheinradweg“ – unser Beispielfall. Statt der hier gezeigten sieben Etappen enthält die gpx-Datei fünfzig Teilabschnitte (Quelle: www.eurovelo.com)

 

EuroVelo-Daten zu grob

Bei der Analyse der EuroVelo-Daten fällt auf, dass sie sehr grob gehalten sind und eine wegegenaue Navigation damit stellenweise nicht möglich ist. Schon an der Anzahl der Trackpunkte wird dies deutlich: So enthält die Rheinroute des Radnetz Deutschland auf insgesamt 1.029 Kilometer wesentlich mehr Trackpunkte (nämlich 23.818) als die EuroVelo-Version mit 2.224 Kilometern Länge. Zwar wird damit eine relativ geringe Dateigröße erreicht, aber inzwischen haben Planungsprogramme und auch GPS-Geräte in der Regel kein Problem mehr mit voluminösen Tracks, selbst wenn die Anzahl von 10.000 Trackpunkten deutlich überschritten wird (bei älteren Garmin-Geräten lag diese Grenze sogar schon bei 500 Trackpunkten). Die große Längendifferenz ergibt sich übrigens dadurch, dass die Rhein-Route des Radnetz Deutschland eben nur in Deutschland und auch dort nur auf einem Ufer verläuft, während sich die EuroVelo-Route von der Rheinquelle in der Schweiz bis zur Mündung in den Niederlanden erstreckt – und besonders in Deutschland auch zumeist rechts und links des Rheins.

 

Gpx-Dateien der EuroVelo-Routen wenig transparent

Für unerfahrene Nutzer birgt die EuroVelo-gpx-Datei allerdings noch weitere Herausforderungen. Sie ist nämlich in 50 einzelne Abschnitte unterteilt, die beim Heraufladen in GPS-Geräte oder Navigations-Apps mit unterschiedlichen Namen angezeigt werden. Auf den EuroVelo-Seiten der einzelnen Radrouten werden diese Abschnitte nicht deutlich, und so bleibt für den Nutzer zunächst verborgen, welche der gpx-Dateien er sich aus dem Sammelsurium herauspicken soll, um den von ihm gewählten Streckenabschnitt nachzufahren. Als Beispiel haben wir uns die EuroVelo-Route 15 vorgenommen, der sogenannte „Rheinradweg“. Auf den Seiten des europäischen Radfahrerverbandes ECF, der das EuroVelo-Netz betreut, wird zwar auch auf Hilfsprogramme hingewiesen, wie man die gpx-Daten zur Planung und unterwegs zur Navigation einsetzt, aber von den angebotenen Tools (RidewithGPS, komoot, Garmin BaseCamp und OsmAnd) eignen sich einige nur für erfahrene Nutzer. Gerade mit dem bei uns sehr beliebten Programm komoot ist die gpx-Vorlage sehr umständlich, denn die Routenabschnitte müssen einzeln importiert werden. Immerhin sind die einzelnen gpx-Tracksegmente nummeriert, so dass sich versierte Nutzer einzelne Abschnitte sinnvoll zusammenstellen können. Im Falle der Rheinroute eine besondere Herausforderung, denn die EuroVelo-Varianten verlaufen gerade in Deutschland sowohl rechts als auch links des Rheins. Dass hierbei ein „r“ für die rechtsrheinischen Abschnitte steht, haben wir dann schlussfolgern können – wirklich erklärt wird es auf den EuroVelo-Seiten nicht. Unser Tipp: Zur Visualisierung der einzelnen Streckenabschnitte öffnet man die gpx-Dateien der EuroVelo-Routen mit einem Editor wie ShowGPX. Dieser ist kostenlos und bietet auf Anhieb eine deutlich bessere Übersicht als die genannten Tools. Dann kann man sich die entsprechenden Abschnitte anschauen, merken und mit den anderen Tools nachfolgend bearbeiten.

So sieht es aus, wenn man die Teilstücke des EuroVelo-Rheinradweges in komoot heineinladen möchte – es ist nur einzeln möglich. Geduld ist gefragt, Übersicht gewünscht.

 

Unterschiedliche Streckenverläufe trotz derselben Datenquelle

Sehr erstaunt waren wir allerdings über die Unterschiede in der Streckenführung der Rheinroute zwischen der EuroVelo- und der Radnetz-Deutschland-Variante. Mehrfach weichen beide Routen voneinander ab, und das haben wir in einigen Bildbeispielen bereits zu Anfang des Beitrages verdeutlicht. Umso merkwürdiger, da die EuroVelo-Daten eigentlich auf den Radnetz-Deutschland-Daten beruhen sollten. Auf Nachfrage bestätigte uns dann auch das Bundesamt für Güterverkehr in Köln (BAG), mit seinem Referat F4 „Radverkehr und Mobilitätsforum Bund“ für das Radnetz Deutschland zuständig, dass man die Daten an den ECF in detaillierter Form übergeben habe. Warum der ECF nun offensichtlich andere Daten herangezogen hat, bleibt offen. Wir haben die Daten stichprobenartig mit einer weiteren Quelle verglichen, nämlich mit dem Verlauf der Rheinroute in OpenStreetMap. Hier zeigen sich weitestgehend Übereinstimmungen mit den Daten des Radnetz Deutschland statt mit den EuroVelo-Führungen, und schon dies hätte die ECF-Kartenexperten zumindest misstrauisch werden lassen sollen.

Verwirrender Verlauf in Koblenz – D-Netz-Rheinroute in Blau, EuroVelo-Rheinrouten in Magenta

 

Wo ist die richtige Rheinroute?

Wer liefert nun die „richtige“ Rheinroute? Dass die Daten des Radnetz Deutschland die zuverlässigere Quelle sind, erscheint naheliegend und wurde uns auch bei Stichproben durch radtouristische Experten vor Ort bestätigt. Absolute Fehlerfreiheit darf hier niemand erwarten, denn wenn beispielsweise eine Gemeinde den Verlauf der ausgeschilderten Radroute verlegt und dies nicht zumindest seinem landestouristischen Verband meldet, wird auch das BAG davon wahrscheinlich nichts erfahren. Die EuroVelo-Daten verkünden neben ihrer Aktualität trügerische Sicherheit für potenzielle Nutzer, weil die ECF-Teilstrecken zum Teil mit dem Zusatz „certified“ gekennzeichnet sind. Wer dort wann und was zertifiziert hat, bleibt ebenfalls nachzufragen.

Auch bei den gpx-Daten des Radnetz Deutschland besteht noch Optimierungsbedarf. Der schwarze Bereich rechts zeigt den Import der D-8-Routendaten bei einem Edge Explore 2 – die fast 24.000 Trackpunkte der Hauptroute schluckt das Garmin-Gerät problemlos. Es zeigt aber auch den möglicherweise versehentlich enthaltenen zweiten Track des Radnetz Deutschland mit knapp einem Dutzend km

 

Radnetz Deutschland-Daten noch optimierbar

Auch die Daten des Radnetz Deutschland sollten vor Verwendung unbedingt angeschaut und eventuell nachgebessert werden. So verläuft der gpx-Track der D-Netz-Route 8 von Nord nach Süd – während die Rhein-Route immer von Süd nach Nord beschrieben wird. Zudem fehlen sämtlichen D-Netz-Routen noch Höhendaten – die kann man sich als versierter Nutzer allerdings leicht ergänzen (beispielsweise beim Upload in Portale wie komoot oder Tools wie BRouter-Web). Im Falle der RheinRoute hat sich in die D-Routendaten noch ein zweiter, kurzer Abschnitt hineingemogelt, nämlich das linksrheinische Stück auf dem oben gezeigten Kartenausschnitt, westlich von Karlsruhe.

 

Unser Fazit

Bei aller Kritik bleiben die EuroVelo-Daten eine sehr gute Hilfe, um beispielsweise Radtouren durch Europa zu planen und den Verlauf der einzelnen Strecken relativ genau nachzuvollziehen. Die Sammlung und Harmonisierung dieser Daten ist eine immense Anstrengung, dafür gebührt dem ECF Respekt und Dank. Andererseits bleibt unverständlich, warum der ECF zumindest die sehr guten Daten aus Deutschland nicht oder kaum genutzt hat. Für die Nutzer bedeutet dies: Wer die EuroVelo-Strecken in Deutschland abfahren möchte, sollte sich der Daten des Radnetz Deutschland bedienen. Zur Planung von Radtouren auf dem EuroVelo-Netz kann man sich deren Streckenverlauf auch auf Plattformen wie BRouter-Web anzeigen lassen, mit der Maus die gewünschten Streckenabschnitte von A nach B in kurzer Zeit abklickern und sie als gpx-Datei exportieren.

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