Großbritannien prüft Machbarkeit eines eigenen GNSS

Das Galileo-System verfügt über ein verschlüsseltes Signal, welches nur ausgewählten Akteuren der EU zur Verfügung stehen soll. Auf Grund der Brexit-Verhandlungen prüft Großbritannien daher die Machbarkeit eines eigenen Globalen Navigationssatellitensystems…

Großbritannien hält bereits Finanzmittel für ein eigenes GNSS (Globales Navigationssatellitensystem) zurück. Denn die zukünftige Teilhabe am europäischen Gemeinschaftsprojekt Galileo steht für das Vereinte Königreich nach Brexit noch in den Sternen.

EU Projekt: Galileo

Großbritannien ist einer der großen Akteure bei der Entwicklung und Realisierung von Galileo, dem Globalen Navigationssatellitensystem der EU. Seit 1999 wird bereits an Galileo gearbeitet. Britische Firmen haben hierfür beispielsweise Bauteile für die Fertigung der Satelliten geliefert. Mit weiteren Leistungen zusammengefasst hat die Britische Regierung damit bisher etwa 1,2 Milliarden Pfund (1,34 Mrd. Euro) zur Finanzierung des Galileo-Projekts beigesteuert. Das sind bei geschätzten Gesamtkosten von 8,07 Milliarden Pfund (9 Mrd. Euro) Euro gute 15% der Gesamtkosten.

Doch seit August 2018 prüft Großbritannien die Machbarkeit eines eigenen und unabhängigen GPS-Systems. Die britischen Minister halten dafür bereits 92 Millionen Pfund (103 Mill. Euro) zurück. Grund für die Alternativ-Suche sind die bevorstehenden Folgen des Brexit-Deals.

Ein GNSS für Großbritannien

Das Gutachten des GNSS hat die UK Space Agency (Behörde der britischen Regierung, verantwortlich für das nationale Weltraumprogramm) übernommen. Durch offizielle Hand werden geeignete Partner in der britischen Industrie unter Vertrag genommen. Mit ihrer Hilfe werden das potentielle Design, die Herstellungsbedingungen, ein Zeitplan sowie die voraussichtlichen Kosten eines solchen Projekts erörtert. Die Planung soll noch knapp ein Jahr in Anspruch nehmen. Anschließend können die Minister des Kabinetts entscheiden, ob sie tatsächlich ein Vorhaben in Milliardenhöhe stemmen wollen.

In der Geschichte wäre es das umfangreichste System für eine so kleine Nation wie Großbritannien. Japan ist zwar auch verhältnismäßig klein, aber deren Quasi-Zenith-Satelliten-System (QZSS) kann (jedenfalls derzeit) nur in Verbindung mit GPS genutzt werden. Die notwendige Anzahl aktiver Satelliten im Orbit ist beim japanischen System dadurch deutlich geringer.

USA, Russland, EU, China, Japan – Wozu noch ein GNSS?

Die Vision des britischen Pendants zum GPS kam nicht ungezwungen. Die eigentliche Triebfeder dahinter waren die Verhandlungen zwischen London und Brüssel zum Brexit-Deal. Denn würde es zum Brexit-Vertrag kommen, wird Großbritannien kein sofortiger Zugang zum Galileo internen Public Regulated Service (PRS) gewährt.

Der PRS ist ein speziell konzipiertes Navigations- und Zeitsignal, welches auch in Krisenzeiten durch Verschlüsselung resilient und dadurch immer verfügbar sein soll. Bisher hatte nur der militärische Teil des US-amerikanischen GPS ein solch geschütztes Signal. Es ist zivilen Nutzern jedoch nicht zugänglich, wodurch diese bisher auf öffentliche und damit unverschlüsselte Signale angewiesen sind. Ab 2020 soll das PRS-Signal komplett online gehen. Die Nutzung des PRS Dienstes wird „Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), Betreibern kritischer Infrastruktur und staatlich-autorisierten Nutzern zur Verfügung stehen.“ Laut Brüssel würden die Briten durch den Deal jedoch formal zu einer ausländischen Einheit. Was dies zwischen den Zeilen bedeutet ist derzeit nicht eindeutig. Aus Sorge den PRS-Dienst gar nicht nutzen oder weiterentwickeln zu können, warnte London deshalb davor „vom gesamten Galileo GNSS Abstand zu nehmen“.

Quelle: NASA

Galileo wird zum Brexit Exempel: Minister legt sein Amt ab

Sam Gyimah, Minister für Wissenschaft, Universitäten, Forschung und Entwicklung, hat auf Grund der Brexit-Verhandlungen sein Amt abgelegt. Er sieht für Großbritannien extreme Benachteiligungen voraus, sollte die Insel Nation die EU verlassen. Als Minister für die Wissenschaft ist die gemeinsame Entwicklung und Nutzung eines Systems wie Galileo jedoch die Grundvoraussetzung dafür, dass Großbritannien mit seiner Space Agency auch weiterhin an der Spitze der Wissenschaft im allgemeinen und der Raumfahrt im Speziellen mithalten kann. Für ihn geht und fällt die Zukunft der Nation mit Brexit. Er befürwortet daher kein eigenes britisches GNSS sondern nimmt gänzlich Abstand vom Brexit-Deal.

Galileo Überwachungszentrum zieht um nach Spanien

Trotz laufender Verhandlungen sind die Auswirkungen auf das europäische Galileo-Projekt schon jetzt sichtbar: Der Zweitstandort der Galileo Überwachungszentren (Security Monitoring Center), welcher bis vor kurzem im britischen Dorf Swanwick lokalisiert war, wird nun nach Madrid verlagert. EU-Industriekommissarin Elżbieta Bieńkowska sagte hierzu: „Durch das europäische Satellitennavigationssystem Galileo werden bereits seit über einem Jahr hochwertige Dienste bereitgestellt. Mit dem […] Beschluss [vom 24.01.2018] ergreift die Kommission die notwendigen operativen Maßnahmen, damit die Kontinuität des Betriebs und die Sicherheit des Galileo-Systems gewährleistet sind.“

Es bleibt also höchst brisant und spannend, wie es mit der britischen Raumfahrt weitergehen wird. Derzeit ist es noch unklar ob es künftig weiterhin eine Länder übergreifende Kooperation im Namen Galileo’s oder ein eigenes nationales UK-GPS geben wird.

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