MWC-Megatrend NFC

Die auf dem MWC gepushte NFC – Near Field Communication – ist dabei, unsere bargeldlosen Zahlungen zu revolutionieren. Die „Zahlung per Handy“ beleuchtet unser Artikel …

Wireless Communication war natürlich neben neuen Mobilgeräten das bestimmende Thema auf dem diesjährigen Mobile World Congress in Barcelona. Zusammen mit Anwendungen und Hardware für LTE sowie den SMS-Nachfolger Joyn (wir berichteten) war NFC fast überall vertreten. Zusätzliche Chips für die neuen Technologien lassen die Bäuchlein der sich bisher auf Diätkurs befindlichen Mobilgeräte wieder deutlich anschwellen.

Was ist NFC?

NFC ist die Abkürzung für Near Field Communication. Die „Nahfeld-Kommunikation“ ist  „ein internationaler Übertragungsstandard zum kontaktlosen Austausch von Daten über kurze Strecken von bis zu 4 cm“ (so Wikipedia), manche nennen auch bis zu 10 cm. 

Anwendungsbereiche

Die Industrie ist dabei, verschiedene Anwendungsmöglichkeiten zu entwickeln oder auszubauen. Dazu gehören

  • drahtlose Zugangs- und Sicherheitssysteme auch für Witschaft und Privatnutzer („Schlüsselersatz“)
  • drahtlose Fahrzeugkontrolle („keyless opening driving“)
  • Datenaustauschterminals, z.B. zum Mediendownload
  • bargeldlose mobile Zahlungssysteme

Der letzte Punkt ist für die Wirtschaft der wohl attraktivste und lukrativste. In verschiedenen europäischen Ländern laufen bereits Pilotprojekte mit der „Zahlung per Handy“, einige asiatische Nationen haben den Dienst bereits fest etabliert.

NFC außerhalb des Smartphones

Nicht nur mit entsprechender Technik ausgerüstete Mobiltelefone nutzen NFC sondern auch Bezahl- und Kreditkarten einiger Banken. So wollen die Sparkassen und die Postbank ab Sommer 2012 NFC-Payment mit entsprechenden gechipten Karten einführen. Die Postbank wird sich dabei auf das etablierte Visa PayWave stützen. Eine alternative Nutzung mit „NFC-Handys“ schließt dabei keiner aus. Die niederländische Bahn und die Deutsche Bahn AG sind zumindest mit Pilotprojekten (Touch Travel) schon seit einiger Zeit dabei, und NFC-Terminals sieht man bereits in einigen europäischen Innenstädten mit Parkraumbewirtschaftung oder als „Zahlungssäule“ – korrekterweise als POS für Point of Sale zu bezeichnen – für öffentlichen Verkehrsmittel.

Technische Nutzungsvoraussetzungen

Muss ein Smartphone mit NFC-Chip her, um die neuen (Bezahl-)Dienste nutzen zu können? Nicht unbedingt, denn die Industrie hält schon Ergänzungslösungen (NFC-Add-Ons) bereit, von der sie sich ein ebenfalls lukratives Zusatzgeschäft verspricht, wie auf dem MWC zu sehen war:

  • Dongle-Lösung 1: Einschieben einer NFC-fähigen MicroSD. Schlecht ist, wenn das Mobilgerät über keinen MicroSD-Schacht verfügt wie z.B. Windows Phone 7.x Smartphones und/oder nicht mehr zu öffnen ist wie beispielsweise iPhone oder HTC-Androids der neuen Generation.
  • Dongle-Lösung 2: Ein NFC-Chip auf USB Stick wird angedockt (hier nicht abgebildet). Dazu muss das Mobilgerät allerdings USB-Host-fähig sein; außerdem sieht der „Schwanz“ unschön aus und ist unpraktisch in der Handhabung.
  • SIM-Lösung: Die wohl pfiffigste Variante ist, die SIM um NFC zu erweitern. So hat das Münchener Unternehmen Giesecke und Devrient soeben NFC-fähige SIM-Karten an den virtuellen Netzbetreiber Nòverca  für das Mobile-Payment-Pilotprojekt der italienischen Banca Intesa Sanpaolo geliefert. 600 Mitarbeiter und Kunden dieses Kreditinstituts in Mailand und Turin beteiligen sich an über 3.000 POS-Terminals an diesem Pilotprojekt.

Gefahren

Kritiker bemängeln, dass über POS manipulierte und gefälschte Daten oder andere Malware eingeschleust werden könnte. Außerdem könnten NFC-Störsender  NFC-Dienste blockiern, um so  beispielsweise die Ein- oder Ausbuchung bei Touch Travel zu verhindern; dadurch kann der Kunden entweder keine Fahrkarte kaufen (Reiseantritt) oder sich nicht von der Reise abmelden. Weiter wird befürchtet, dass ungewollte Bluetooth-Verbindung gestartet würden, die sich missbrauchen ließen.

Weitere Gefahren werden darin gesehen, dass möglicherweise der aktuelle Geldbestand nach Verlust des Mobiltelefons nicht wiederhergestellt wird und die Beweislast bei Missbrauch oder Verlust des Telefons bzw. NFC-Karte beim Nutzer liegen könne. Außerdem sei unklar, wie sich Kontoinhaber vor unerwünschten Folge-Abbuchungen schützen, wenn das eingeschaltete Mobilgerät in falsche Hände gerät oder welche Sicherung die eingebaute „Schlüsselfunktion“ hat, wenn der Zugriff einmal nicht an die SIM-Karte gebunden ist.

Nutzen

Die Nutzen sind klar: NFC-Phones machen – soweit die Verkaufsstellen NFC unterstützen – jedes Herumschleppen verschiedener Geldkarten überflüssig; „Zahlen per Handy“ ist bequem und sogar Rabattsysteme könnten unterstützt werden. Darüber hinaus wird der Zahlungsverkehr beschleunigt, unabhängig davon, ob die NFC-Zahlung per Handy oder Karte erfolgt; so bilden sich weniger oder kürzere Schlangen vor den Kassen, und Arbeitgeber können so ggf. Personal einsparen oder anderswo verwenden. Deshalb interessieren sich gerade große Warenhaus- und  Lebensmittelketten oder Discounter für den künftigen Dienst.

Außerdem wird gerne betont, dass die Missbrauchsmöglichkeiten auf einen Radius von höchstens 10 cm beschränkt sind, unmittelbare Datendiebe oder -manipulatoren also schon verdammt nahe sein müssten.

Aussichten

Wer mit bargeldloser Zahlung bisher schon seine Probleme hatte, wird in NFC erst recht den Teufel sehen; schließlich sind bisherige Bedenken nicht von der Hand zu weisen. Sollte der Dienst aber sicherer gemacht und die oben geschilderten Probleme ausgeräumt werden (was nicht unmöglich ist), wird uns wohl in nächster bis mittlerer Zukunft eine erneute Revolution des bargeldlosen Zahlungsverkehrs ins Haus stehen, ob man möchte oder nicht.

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2 Kommentare zu “MWC-Megatrend NFC

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