Nachdem ich die letzten zwei Jahre jeweils mehrere Monate lang beruflich mit dem Test von relativ hochpreisigen Navigeräten zum Festeinbau beschäftigt war, wollte ich mir doch auch mal ein eher niedrigpreisiges mobiles Gerät zum privaten Nutzen zulegen. Um es vorweg zu nehmen: die Investition in ein PocketLoox N100 habe ich bislang noch keinen Moment bereut.
Ein paar Worte, sicherlich sehr subjektiv, was die Qualitätsmerkmale eines Navigationsgeräts ausmacht: zu den absoluten Essentials aus Benutzersicht gehören sicherlich Stabilität und Verlässlichkeit. Was nutzt mir so ein Gerät, wenn es mitten in einer fremden Stadt schlagartig den Dienst verweigert? Weiterhin die Routenberechnung in Hinsicht auf Schnelligkeit, Qualität und Fahrbarkeit. Wobei sicherlich kein Navi auch nur ansatzweise so gut sein kann wie local knowledge, und es auch gar nicht sein muss. Aber die vorgeschlagene Route muss sinnhaft sein, und sie muss mich sicher und legal ans Ziel bringen. Zu den Schlüsselkriterien gehören auch Rerouting, visuelle und akustische Führung, sowie die möglichst intuitive Bedienbarkeit, die Lesbarkeit und die Kartendarstellung des Displays, und natürlich das Kartenmaterial.
Andere Punkte gehören für meine Begriffe eher in die Kategorie nice to have. Auch wenn wohl fast alle Systeme mittlerweile Point of Interest-Datenbanken aufweisen, so könnte man das eventuelle Fehlen z.B. einer Hoteldatenbank durchaus kompensieren, wenn denn die Adresssuche funktioniert. Das wäre m.E. sogar besser, als sich im Zweifelsfall auf eine nicht hinreichend gepflegte Hoteldatenbank zu verlassen, und dann anstatt am örtlichen Holiday Inn stattdessen in einem finsteren Industriegebiet zu landen. Dies gilt um so mehr für solche Extras wie TMC dazu später mehr seamless navigation, Bluetooth oder Multimedia-Funktionen, wie sie manche Festeinbaugeräte anbieten.
Genug der Vorrede. Nachdem ich nun also mein PocketLoox seit etwa einem Monat in meiner leider eher spärlich bemessenen Freizeit im Einsatz habe, habe ich einen ersten Eindruck von dem Gerät gewonnen. Also in medias res.
-- Stabilität, Zuverlässigkeit --
Mein bisheriges Fazit: sehr zufrieden. Ich bin sogar sehr angenehm überrascht, dass ein Gerät, das seine Position ausschliesslich über GPS bestimmen kann, so stabil und verlässlich läuft. Gut, einem Härtetest wie z.B. die Autobahnen rund um Genua (Tunnels ohne Ende) konnte ich das Gerät nicht unterziehen, aber in unseren Breitengraden (westliches NRW) läuft es ausgesprochen stabil. Aussetzer, Freezes usw. waren bisher nicht zu verzeichnen.
-- Routenberechnung --
Ebenfalls zufriedenstellend. Es mag sein, dass manche mobilen Systeme noch etwas schneller sind. Für meinen subjektiven Eindruck als Benutzer macht es allerdings keinen entscheidenden Unterschied, ob ein Gerät für eine gegebene Route nun 5 oder 10 Sekunden braucht. Frustrationen blieben bisher aus.
-- Routenqualität --
In diesem Punkt hat der PocketLoox sicher noch einiges an Verbesserungsspielraum. In den ersten Tagen hatte ich die Settings auf schnellste Route eingestellt. Ergebnis: das Gerät erwies sich als ausgemachter Autobahn-Fetischist. Und das auch bei Routen, bei denen die Autobahn wenig bis überhaupt keinen Sinn machte.
Ein Beispiel: Route von Euskirchen (Nähe Krankenhaus) nach Weilerswist. Die m.E. sowohl kürzeste als auch schnellste Route wäre, der B51 einfach schnurgerade zu folgen. Der erste Vorschlag des Geräts lief darauf hinaus, quer durch die Euskirchener Innenstadt zur AS Euskirchen der A1 zu fahren. Ein Riesenumweg, m.E. auch zeitlich. Nachdem ich diesen Vorschlag ignoriert hatte, versuchte das Gerät, mich hinter Euskirchen rechts in Richtung AS Swisttal der A61 zu lotsen ähnlich unsinnig.
Ich stellte dann um auf optimierte Route absolut zufrieden bin ich da mit den Routen aber auch nicht. In dieser Einstellung werden mir Autobahnen und Umgehungen zu häufig ignoriert.
Auch hier ein Beispiel: Route von der Heliosstrasse in Köln-Ehrenfeld zum Einkaufszentrum in Erftstadt. Sinnvoll wäre eine Route über die Aachener Strasse stadtauswärts und dann über die A1. Stattdessen führte mich das System über die Luxemburger Strasse, und dann durch die Ortsdurchfahrt Hürth eine ziemliche Ochsentour.
Ein weiteres Beispiel: Route von Köln, Schönhauser Strasse nach Eupen. Einzig sinnige Route: über die Bonner Strasse zur Autobahn A4 Richtung Belgien. Stattdessen kam zunächst der Vorschlag, auf die Brühler Strasse abzubiegen. Nachdem ich diesen verworfen hatte, versuchte das System, mich von der Bonner Strasse auf den Militärring zu führen. Um es wie unsere englischen Vettern auszudrücken: Not quite convinving
-- Fahrbarkeit der Routen --
Hier ist mein Eindruck bislang sehr gut. PocketLoox scheint Einschränkungen und Reglementierungen zu kennen. Bei Zielen, die direkt nicht anfahrbar sind, führte das Gerät mich an einen sinnvollen Punkt in der Nähe des Ziels, z.B. bei der Zielwahl Kölner Dom. Unsichere oder illegale Führungen, z.B. in Fußgängerzonen oder verkehrt herum in Einbahnstrassen, konnte ich bisher nicht vermelden.
-- Rerouting --
Was diesen Punkt angeht, bin ich bisher begeistert. Das Umrouten geschieht ausgesprochen schnell, teilweise für den Fahrer kaum bemerkbar. Auch hier fehlen bislang noch Erfahrungswerte aus echten Härtetests (Stichwort Quartier Latin z.B.), aber der erste Eindruck ist sehr gut.
-- Visuelle und akustische Führung --
Die Darstellung auf dem Display lässt gelegentlich zu wünschen übrig. Ein besonderer Schwachpunkt scheinen mir hier Autobahnkreuze zu sein. Auch hier ein Beispiel: Route von Weilerswist zum Zielpunkt Doppelkirche Schwarz-Rheindorf in Bonn. Am Autobahnkreuz Bonn-Nord zeigt das Display als Fahrtrichtung zunächst Altenahr an, springt dann erst sehr spät auf Siegburg um. So spät, dass man in verkehrsarmen Zeiten ein Sperrfeld überfahren muss, um den nötigen Spurwechsel vorzunehmen. In der Rush Hour dürfte dieser Wechsel fast unmöglich sein. Ähnliche Erfahrungen konnte ich auch an einigen Kölner Autobahnkreuzen, und am Autobahnkreuz Aachen machen.
Demgegenüber bin ich von der akustischen Führung sehr angetan. Besonders gefallen mir dabei zwei Features. Zum einen die gleich dreifache Ansage eines Guidance Points. Auf Autobahnen in 3 km, 1 km Entfernung und unmittelbar an der Stelle des Abfahrens, ausserhalb dessen in 700 m, 200 m und an der Abbiegestelle. Die von uns getesteten Festeinbaugeräte hatten hier jeweils nur zwei Ansagen. Ebenfalls sehr nett ist der Hinweis: Bitte dem Strassenverlauf für x km folgen. Eine solche Ansage fehlte in den von uns getesteten Systemen gänzlich, so dass wir bisweilen zweifelnd auf das Display blicken mussten, wenn Kollege Navi längere Zeit still blieb. PocketLoox gibt zwar hin und wieder auch überflüssige Guidances aber lieber eine Guidance zu viel als eine zu wenig.
-- Bedienbarkeit --
Mit diesem Punkt bin ich bisher auch sehr zufrieden. Die Benutzerführung ist recht intuitiv, auch ohne langes Studium von Handbüchern schnell zu verstehen. Gewisse Einschränkungen bringt natürlich das recht kleine Display mit sich, aber vom Prinzip her ist das Gerät leicht und bequem zu bedienen.
-- Display --
Dass die Lesbarkeit eines derart kleinen Displays nicht mit den erheblich grösseren Festeinbaugeräten konkurrieren kann, versteht sich von selbst. Dies wird jedoch durch die bereits erwähnte, sehr gute akustische Führung locker ausgeglichen. Die Kartendarstellung Fahrersicht in 3D oder 2D hätte mich fast dazu geführt, das Gerät nicht zu kaufen, da die entsprechende Ansicht bei den mir bekannten Festeinbaugeräten extrem zu wünschen übrig lässt. Nach einem Monat muss ich jedoch sagen: sie ist bei PocketLoox gut gelungen. Dazu trägt mit Sicherheit auch die dezente Farbgebung bei Fahrersicht in vielen bunten Farben ist nämlich ziemlich anstrengend.
-- Kartenmaterial --
Auch in diesem Punkt bin ich bisher sehr zufrieden. Natürlich: kein Navi kann auch noch den allerneuesten Kreisverkehr kennen. Aber im Rahmen dieser Einschränkung ist das Kartenmaterial im PocketLoox recht aktuell, und vor allem verblüffend umfangreich. Selbst zu Ländern, die in den von uns getesteten System vollständig fehlen (z.B. Slowenien, Kroatien, Bulgarien) liegen hier Karten und sogar POIs z.B. Holiday Inn in Sofia vor. Good job!
Womit wir schon bei einem der Punkte aus der Kategorie nice to have sind.
-- Points of Interest --
Hier hat mich das Gerät sehr positiv überrascht. Es hat eine Vielzahl von POIs, und das nicht nur in grösseren Städten, sondern auch auf dem platten Land. Und die, die ich bislang angetestet habe, waren auch an der richtigen Stelle erfasst. Sehr schön.
-- TMC --
Ein sehr schwieriges Thema, das ich auch auf unseren Testtouren mit meinem Kollegen oft kontrovers diskutiert habe. Für den PocketLoox kann man wohl ein Art TMC-Erweiterung erwerben, auf die ich aber bewusst verzichtet habe. Das Thema TMC ist m.E. nämlich eigentlich nicht mal die paar Zeilen hier wert. Dies gründet sich auf meine, natürlich rein subjektiven Erfahrungen mit Verkehrsmeldungen mit via TMC - oder ohne Navi, also per Radio. Die Verkehrsmeldungen sind selten vollständig, und ebenso selten aktuell bzw. korrekt. Und daran wird sich m.E. auch nichts ändern, so lange nicht private Anbieter mit dem Interesse, den zahlenden Kunden mit aktuellen, vollständigen Meldungen bei der Stange zu halten flächendeckend Verkehrsmeldungen verkaufen.
-- Andere Extras --
Ein kleines, mobiles Gerät wie PocketLoox kann natürlich mit wesentlich teureren Festeinbaugeräten nicht mithalten, was solche Extras wie Bluetooth, Multimedia oder seamless navigation angeht. Nun, Bluetooth brauche ich nicht unbedingt. Gleiches gilt für Multimedia-Funktionen ich muss mir auf dem Navi nicht auch noch Videos angucken
Bzgl. seamless navigation dank meines Wohnsitzes genügt mir für den Alltagsbedarf die Benelux-Karte, auf der auch der Westen Deutschlands und der Norden Frankreichs erfasst sind also alle Ziele, die ich eventuell mal tagesweise anfahre. Da mag der Wohnsitz ein Privileg sein. Auf der 1 GB Speicherkarte finden auch noch die Deutschland- und die Frankreich-Karte Platz. Gut, für eine eventuelle Urlaubsfahrt in die Provence müsste ich irgendwo in Nordfrankreich die Kartendarstellung wechseln, was aber auch nicht so schwer ist. Sicher ist es nett, wenn man ganz Europa direkt im Zugriff hat. Aber mal ernsthaft, wer fährt denn schon in einer Tour von Trondheim nach Lissabon?
-- FAZIT --
Wie bereits eingangs erwähnt, bin ich bislang mit dem PocketLoox sehr zufrieden. Das Gerät hat seine Schwächen, aber Perfektion kann man von einem derart preisgünstigen Gerät auch nicht ernsthaft erwarten. Aber in vielen Punkten schneidet es m.E. besser ab als deutlich hochpreisigere Produkte, auch wenn man hier vielleicht Äpfel mit Birnen vergleicht. Wer jedoch, wie ich, ein bereits etwas angejahrtes Auto fährt, oder auch sonst nicht gleich eine vierstellige Summe für ein schickes Festeinbaugerät hinlegen will, dem kann ich den PocketLoox durchaus ans Herz legen.