Dobrindt legt Gesetzentwurf zum automatisierten Fahren vor

Der neue Gesetzentwurf zum automatisierten Fahren wurde vom Bundeskabinett beschlossen. Der Minister ist euphorisch und spricht von e-Mails checken während das Auto fährt. Es bleiben jedoch etliche Fragen offen. Die Verbraucherzentrale fordert daher Klarheit und mehr Sicherheit in Bezug auf Daten und Haftung für die Verbraucher…

Am 25.01.2017 hat das Bundeskabinett den neu vorgelegten Gesetzentwurf von Bundesminister Alexander Dobrindt (CSU) zum automatisierten Fahren beschlossen. Durch diese Änderung des Straßenverkehrsgesetzes wird vor allem eine „rechtliche Gleichstellung von menschlichem Fahrer und Computer ermöglicht“, so jedenfalls formuliert es das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI).

Fahrzeugführer bleibt haftbar

Laut Pressemitteilung des BMVI: „Dürfen Hoch- oder vollautomatisierte Fahrsysteme damit künftig die Fahraufgabe selbstständig übernehmen.“ Die Pflichten des Autofahrers selber bleiben dabei wie bisher sehr hoch. So bleibt der Fahrzeugführer auch bei Fehlern im Autopilotmodus vorerst haftbar. Welchen Tätigkeiten während der Fahrt tatsächlich nachgegangen werden kann, ist nicht eindeutig. Im derzeitigen Entwurf lässt die Bundesregierung die Entscheidung darüber eher auf Seiten der Autohersteller.

Automatisierungsstufen im Überblick:

Teilautomatisiertes Fahren: Der Fahrer muss das System dauerhaft überwachen und jederzeit zur vollständigen Übernahme der Fahraufgabe bereit sein.

Hochautomatisiertes Fahren: Der Fahrer muss das System nicht dauerhaft überwachen. Das System warnt den Fahrer aber rechtzeitig, wenn dieser eingreifen muss.

Vollautomatisiertes Fahren: Der Fahrer muss das System nicht überwachen. Das System ist in allen Situationen in der Lage, einen „risikominimalen“ Zustand herzustellen.

Autonomes („fahrerloses“) Fahren: Das System übernimmt das Fahrzeug vollständig vom Start bis zum Ziel; alle im Fahrzeug befindlichen Personen sind nur Passagiere.

Automatisierte Piloten für entsprechende Situationen

Grundsätzlich bleibt die letzte Verantwortung auch beim Einsatz des Computers beim Menschen. Ziel ist es, bestimmten autonomen Teilsystemen klare abgegrenzte Aufgaben zuzuweisen, um innerhalb dieser Grenzen wirklich vollautomatisch zu fahren. Solche Teilsysteme könnten zum Beispiel Autobahn- oder Staupiloten sein, welche dann „bestimmungsgemäß“ verwendet dazu in der Lage wären, die volle Verantwortung vom Fahrer zu übernehmen.

Es geht also vielmehr um ein Zusammenwirken von Fahrer und hoch- oder vollautomatisierter Fahrfunktion. Entsprechend muss das System „jederzeit durch den Fahrzeugführer übersteuerbar oder deaktivierbar“ sein. Auf den Punkt gebracht heißt dies: „Der Fahrer wird also während der Fahrt nicht durch das System ersetzt. Das wäre erst beim autonomen Fahren der Fall, bei dem es keinen Fahrer, sondern nur noch Passagiere gibt.“ 

Aufmerksamkeit statt eMails checken

Der Paragraf 1b des Straßenverkehrsgesetzes besagt, dass „der Fahrzeugführer verpflichtet ist, die Fahrzeugsteuerung unverzüglich wieder zu übernehmen, erstens, wenn das hoch- oder vollautomatisierte System ihn dazu auffordert, oder zweitens, wenn er erkennt oder aufgrund offensichtlicher Umstände erkennen muss, dass die Voraussetzungen für eine bestimmungsgemäße Verwendung der hoch- oder vollautomatisierten Fahrfunktionen nicht mehr vorliegen“. Dieser Passus steht im absoluten Konflikt mit der Aussage von Bundesminister Alexander Dobrindt, welcher nach dem Beschluss des neuen Entwurfes sagte: „Wir ermöglichen damit, dass der Fahrer während der hochautomatisierten Fahrt die Hände vom Lenker nehmen darf, um etwa im Internet zu surfen oder E-Mails zu checken.“ Denn wie man beim Schreiben von geschäftlichen oder gar persönlichen Mails noch in der Lage sein soll, Gefahren bei 120km/h auf der Autobahn erkennen zu können, bleibt fragwürdig.

Dennoch ist laut dem BMVI eine Rückübernahme der Fahrzeugsteuerung durch den Fahrer nur dann vorgeschrieben, wenn das hoch- oder vollautomatisierte System ihn dazu auffordert oder die Fahrfunktionen nicht mehr gegeben sind. Was jedoch wiederum bedeutet, dass bei einem geplatzten Reifen, Wildwechsel, Teilen auf der Fahrbahn oder ähnlichem, eine schnelle Reaktion vom Fahrer abverlangt wird. Denn auch dann ist die Fahrfunktion nicht mehr gewährleistet. Nicht ohne Grund fahren die meisten automatisierten Autos bisher auf Straßen (v.a. Autobahnen) ohne Fußgänger, Gegenverkehr und Wildwechsel, denn solche ‚Hindernisse‘ sind für die Technik noch schwer zu erfassen.

Fahrtenschreiber für Haftungsfragen

Um die beinahe vorprogrammierten Streitereien zwischen der Versicherung des Autobauers und des Fahrzeugführers im Falle eines Unfalls zu vermeiden, ist außerdem die Installation von so genannten Black Boxes vorgeschrieben. Wie bei einem Flugschreiber sollen diese die wesentlichen Daten der Fahrt aufzeichnen, beispielsweise den Zeitpunkt wann der Fahrer die Fahrzeugsteuerung inne hatte oder das System aktiviert war. So lässt sich nach einem Unfall klären, ob Technik und damit Hersteller oder der Fahrer Schuld hat.

Meinung der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

Kritisiert wurde der Gesetzentwurf vorab bereits von der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv). Im aktualisierten Entwurf müssen Hersteller nun dafür sorgen, dass sich das Fahrzeug konform zur Straßenverkehrsordnung verhält. Die Forderungen des vzbv dazu wurden erhört. Der neue Entwurf gewährleistet, dass beispielsweise Geschwindigkeitsbegrenzungen Sache der Hersteller sind. Auch die bereits erwähnten Pflichten des Fahrzeugführers, sind eindeutiger formuliert als zuvor. So hatte der vzbv gefordert, dass Fahrer bei der Überwachung des Autopiloten nicht zu viel abverlangt werden dürfte.

Zum Thema Datenschutz und Haftungsfragen sieht der vzbv jedoch auch im gerade beschlossenen Entwurf nicht genügend Absicherung für die Verbraucher. 67% der Verbraucher sorgen sich laut einer repräsentativen Umfrage um ihre Privatsphäre beim automatisierten Fahren. Aktuell müssen die Daten zum einen an die zuständigen Landesbehörden  übermittelt werden, wenn diese es verlangen. Zum anderen können beteiligte Dritte bei einem Unfall die Daten abfragen, wenn dies „zur Geltendmachung, Befriedigung oder Abwehr von Rechtsansprüchen“ nötig ist. Künftig könnten dadurch die Daten des Fahrzeugs den Fahrer belasten und überführen. Deshalb schlägt der vzbv die Einrichtung eines „Trust Centers“ vor, welches bei Datenspeicherung und -weitergabe eine Vermittlerrolle übernehmen würde.

Praxistauglichkeit – Wer haftet?

Die neuen Regelungen in der Praxis zu prüfen bleibt weiterhin die Aufgabe der Bundesregierung. Entgegen der voreiligen Anpreisung einer „Mobilitätsrevolution“ durch Alexander Dobrindt, wird es wohl noch eine Weile dauern, bis alle Fragen zum Thema automatisiertes Fahren geklärt sind. Bisher haften Fahrzeugführer letztlich im Falle eines Falles. Die Industrie weiß um die noch bestehenden Schwächen ihrer Systeme und gibt daher keine Garantie für Autopiloten und Co., wie auch der tödliche Unfall mit einem Tesla Modell S gezeigt hat.

Der vzbv jedenfalls setzt sich weiterhin dafür ein, dass nicht Fahrer, sondern Hersteller für Unfälle haftbar gemacht werden, die durch einen Autopiloten verursacht wurden.

 

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